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Die Eigentumsfrage: ein Relikt aus grauer Vorzeit?

Was mich in diesem Zusammenhang vor allem interessiert, ist, dass mit dem historischen Niedergang der Linken auch die Eigentumsfrage ins Abseits geraten ist. Noch in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts war es für die „Mütter und Väter“ des deutschen Grundgesetzes eine Selbstverständlichkeit, die essentielle Forderung der Linken, die Überführung des Grund und Bodens, der Naturschätze und der Produktionsmittel in Gemeineigentum, als Grundrecht in die Verfassung aufzunehmen. Sie wussten noch um die zentrale Bedeutung der Eigentumsfrage für das jeweilige Wirtschafts- und Sozialsystem und wollten ausdrücklich die alternativen Optionen zwischen einer privaten oder einer gemeinschaftlichen Eigentumsordnung offen halten.

Heute jedoch gilt diese vormals zentrale Forderung der Linken bis weit hinein in linke Kreise als historisches Relikt aus grauer Vorzeit, das sich allerspätestens seit dem Ende des realen Sozialismus erledigt hat.

Und in der Tat, für diesen Bedeutungsverlust sprechen ja viele mehr oder weniger plausible Gründe: auf der politischen Ebene war es der totalitäre Charakter, den eine sozialistische Planwirtschaft auf volkseigener Grundlage angenommen hatte, und der dem angestrebten Ziel einer Gesellschaft von Freien und Gleichen völlig widersprach; auf der ökonomischen Ebene waren es Ineffizienz und mangelnde Innovation, die mit den bürokratischen Vorgaben, Reglementierungen und Kontrollen der Wirtschaft einhergingen, die schließlich in die Verwaltung eines ökonomischen Stillstands mündeten.

Schlechte Karten also, wenn man als Linker heute an der gesellschaftspolitischen Relevanz der Eigentumsfrage festhalten will, die weltpolitisch doch längst zugunsten des Privateigentums entschieden zu sein scheint.

Dennoch möchte ich im Folgenden, gleichsam kontrafaktisch, dem historischen Verlauf der Debatte unter der politischen Linken um die Eigentumsfrage und um deren zentrale Bedeutung in der Theorie wie in der Praxis nachgehen. Ich hoffe damit, nicht nur ein klareres Verständnis vom derzeitigen Niedergang der Linken gewinnen, sondern daraus auch Perspektiven entwickeln zu können, wie die alte Eigentumsfrage heute, im 21. Jahrhundert, neu gestellt werden muss.



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